Akustik

Klaus Ramoser protr

Planen, bauen und sanieren-nicht ohne Ohren

Eine angenehme Akustik gewinnt zunehmend an Bedeutung und ist ein wichtiger Bestandteil bei der Planung und Realisierung von öffentlichen und privaten Bauvorhaben.Im Gespräch mit Klaus Ramoser, Experte für Raum-Bau und Umweltakustik wollten wir wissen „was sind die Voraussetzungen für eine gute Akustik?“

In welche Bereiche wird die Akustik unterteilt?

Es gibt dutzende Disziplinen, wo Schallereignisse und die Akustik im Allgemeinen eine wichtige Rolle spielen. Ohne dass wir es merken, wurde vermutlich ein Großteil unserer Haushaltsgeräte, jedes Auto, viele Häuser u.a.m. einer akustischen Planung unterworfen. Sogar der Straßenbelag hat akustische Eigenschaften, um das Abrollgeräusch der Reifen so leise wie möglich zu halten. Neben der Bauakustik, Aeroakustik, Phonetik und einigen Dutzend weiteren Teilbereichen, hat die Raumakustik einen gewichtigen Stellenwert, weil sie die meisten Menschen in irgendeiner Weise direkt oder indirekt betrifft.

Was ist der Unterschied zwischen Schallisolierungsgrad und Absorptionsgrad?

Der Schallisolierungsgrad oder Schalldämmung („R“ oder „Rw“) gibt an, wie hoch die isolierende Wirkung eines Trennbauteils, also Wand, Boden, Decke, Fenster oder Tür, ist. Die Schalldämmung erzielt man einerseits durch Masse, also schwere Hindernisse wie z.B. eine massiv aufgebaute Trennwand, und andererseits durch das Zusammenspiel von biegeweichen Elementen (Holz- oder Gipskartonplatten) und Hohlzwischenräumen und deren Resonanzfrequenz (Trockenbau).
Der Schallabsorptionsgrad (meist mit „α“ 0 bis 1 bezeichnet) gibt an, wie stark ein Material Schallwellen absorbieren, also vernichten kann. α=0 bedeutet keine Absorption, die Schallwelle wird von einem Material nahezu 100% wieder in den Raum zurück reflektiert. α=1 bedeutet 100% Absorption, die Schallwelle wird vollständig von einem Material absorbiert und kehrt nicht wieder in den Raum zurück. Beispiel: ein mittelschwerer Vorhang mit einem Schallabsorptionsgrad von α=0,6 wird 60% der Schallenergie absorbieren, 40% werden in den Raum zurück reflektiert.
Eine Betonwand mit α=0,01 wird 99% wieder reflektieren. Hier gilt der Grundsatz: je größer der Reflexionsfaktor, desto stärker die schalldämmende Wirkung.

Was nimmt unser Gehör wahr

Landläufig wird von einem Hörspektrum bei Babys und Kleinkindern zwischen 16 und 20.000 Hertz gesprochen. Bei Jugendlichen liegt es bei ca. 16 bis 17.000 Hertz. Der obere Grenzbereich nimmt jedoch mit zunehmendem Alter ab, sodass sich etwa alle 7 Jahre eine Minderung der oberen Grenzfrequenz um 1000 Hz ergibt – hohe Töne werden also zunehmend leiser wahrgenommen, worunter dann die Sprachverständlichkeit leidet. Ein 50-Jähriger hat also ein Gehör mit einem ungefähren Frequenzumfang von 16 bis 13.000 Hz.

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Was sind die Voraussetzungen für eine gute Akustik?

Eine gute Akustik hängt vor allem von der jeweiligen Nutzung eines Raumes ab. Räume welche für die Kommunikation gedacht sind, also Schulen, Sitzungsräume, Theater, Restaurants/Bars, etc., benötigen beispielsweise eine relativ kurze Nachhallzeit und ein adäquates Klarheitsmaß, um eine gute Sprachverständlichkeit zu gewährleisten und vor allem auch größtmögliche Ruhe zu erzielen. Räume für Musik benötigen hingegen eine längere Nachhallzeit und einen möglichst hohen Anteil an Reflexion um, ggf. auch Lautstärke zu erzeugen und leise Instrumente zu verstärken. Generell wichtig ist auch die Abklingzeit der einzelnen Frequenzbereiche des vorhandenen Nachhalls, welche möglichst homogen, also zeitgleich, über dem gesamten Hörbereich des Menschen verlaufen sollte. Dann nämlich klingt es annähernd natürlich und wir fühlen uns wohl. Man spricht dann landläufig von einer guten Raumakustik.

Was ist Schallausbreitung und wie wird diese berechnet?

Das ist die Art, in welcher Form und wie schnell sich Schallwellen ausbreiten. Die Schallausbreitung erfolgt einerseits direkt von der Schallquelle zum Empfänger und andererseits indirekt durch Reflexionen an Flächen, wie Wände, Möbel, Decke, Boden, etc. Scharfe Kanten an Möbeln oder Türschlitzen oder kleinste Öffnungen an Trennwänden verursachen eine Schallbeugung, ein Umlenken an der Kante, was eine fächerförmige Ausbreitung zur Folge hat und ggf. zu einer Störung führen kann. Konvexe Flächen verursachen eine Schallwellenverteilung – konkave eine Bündelung. Bereits in der Grundschule haben wir gelernt, dass sich Schall mit ca. 343 m/s ausbreitet, das sind ca. 1.240 km/h. Die Schallwellenausbreitung ist also sehr schnell.

Ein sog. Lärmometer klassifiziert bestimmte Schalldruckpegel (Lautstärken) und zeigt die dazu gehörenden Werte in dB (Dezibel).

Was sind die optimalen Nachhallzeiten bei den verschiedenen Einsatzgebieten wie Besprechungsraum, Wohnräume oder Konzertsäle?

Bei Wohnräumen geht man in der Regel von einem Idealwert von ca. 0,5 sek. aus. Schulklassen erfordern 0,4 – 0,5 Sekunden, Turnhallen ca. 1,2 – 1,6 Sekunden, großer Vortragssaal ca. 0,6 – 1,0 Sek., Oper ca. 1,3 – 1,6 Sek. Konzerthaus ca. 2,0 Sek. Die Idealwerte lassen sich sehr genau mittels der existierenden Normen und den entsprechenden Berechnungsformeln berechnen. Zudem existieren umfangreiche Tabellen von unterschiedlichen Räumen, welche nach ihrem jeweiligen Einsatzzweck klassifiziert sind.

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Wie müssen die unterschiedlichen Räume ausgestattet sein? Auf was kommt es an?

In der Raumakustik muss man grob zwischen zwei Frequenzbereichen unterscheiden, nämlich in mittlere/hohe und in tiefe Frequenzen. Während mittlere und hohe Frequenzen durch faserige oder schaumige Materialien (Teppiche, Vorhänge, Betten, etc.), am besten absorbiert werden, werden tiefe Frequenzen hingegen durch Resonanzabsorber, also schwingfähige Materialien wie Möbelfronten, Fensterscheiben, Holzverkleidungen, Vorsatzschalen, etc., absorbiert. Aufgrund der unterschiedlichen Wellenlänge lassen sich tiefe Frequenzen nur durch große schwere Fläche reflektieren, mittlerer und hohe benötigen kleinere Reflexionsflächen.

Welche Messgeräte werden für Akustikmessungen benutzt – wie erfolgt die Berechnung?

Akustikmessungen, egal ob Nachhallzeit oder Dämmwert, werden in der Regel mit einer spezifischen Schallquelle und einem Schallpegelmessgerät durchgeführt. Als Schallquelle wird zumeist ein omnidirektional abstrahlender Messlautsprecher mit geeigneten Messsignalen in Form von Rauschen oder Sinustönen eingesetzt. Bei einer Messung des Schallisolationsgrades (z.B. der Dämmwert einer Trennwand zwischen zwei Wohneinheiten) wird die Schallquelle in Wohnung 1 aufgestellt. In Wohnung 2 wird dann der Restschall gemessen. Eine Auswertung des Schallisolationsgrades „Rw“ erfolgt im Anschluss mittels entsprechender Programme. Bei Messungen der Nachhallzeit „RT60“ befinden sich der Messlautsprecher und das Messgerät im selben Raum. Bei Trittschallmessungen wird als Schallquelle ein sog. Normhammerwerk benötigt. Dabei handelt es sich um eine Maschine, welche mit fünf 500g Gewichten (Hammer) ausgestattet ist, welche innerhalb von 1 Sekunde nacheinander aus 40mm Höhe gegen den Boden schlagen (hämmern). Der verbleibende Restschall wird dann in einem Nachbarraum, daneben oder darunter, gemessen, anschließend ausgewertet und als Trittschallnormwert „L‘n,w“ bezeichnet. Sofern keine Messung möglich ist (z.B. bei einem Neubau in der Planungsphase), kann man die Raumakustik auch anhand der geplanten baulichen Gegebenheiten und der vorgesehenen Materialien berechnen. Dazu gibt es Absorptionsdaten der meisten Materialien, welche eine zuverlässige Berechnung ermöglichen.

Foto: Quellenhof, Acqua Family Parc

Auf was kommt es bei einer Akustikperforation an?

Perforierte Materialen, mit Löchern oder Schlitzen ausgestattet, sind genaugenommen Helmholtzresonatoren, welche einem Raum Schallenergie eines bestimmten Frequenzbereichs entziehen. Die in den Öffnungen der perforierten Materialien befindliche Luft erzeugt bei Auftreffen einer Schallwelle eine Gegenbewegung, wodurch eine Minderung von bestimmten Frequenzbereichen erfolgt. Da es sich dabei also um einen Resonanzabsorber handelt, haben die Art der Perforation, die Materialdicke, die Rasterung und der dahinter befindliche Hohlraum einen Einfluss auf den Wirkungsgrad. Die Wahl der Perforation sollte also nicht nur aus ästhetischen Gründen erfolgen, sondern aufgrund der akustischen Gegebenheiten und der Absorptionskurve des jeweiligen Materials.

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FAKTEN

Absorbationswerte: α: Sichtbeton=0,01; Holzboden=0,08; Teppich=0,1; Vorhang=0,45; Schaumstoff=0,6; Sofa=0,88; Mineralwolle (50mm)=0,95

Einflussfaktoren: Schallwellenabsorber, Diffusoren, Reflektoren, Resonatoren und diverse Mischformen wie z.B. Abfuser (Absorber/Diffusor) oder Breitbandabsorber.

RT 60: Mit RT60 wird die Länge der Nachhallzeit betitelt. RT steht für den englischen Begriff „Reverb Time“, also Nachhallzeit. 60 definiert den Zeitraum, in welchem sich der Nachhall um 60dB verringert hat

Wellenlänge: Jeder Ton wird durch seine Wellenlänge definiert. Menschen sind für Frequenzen von maximal etwa 16 Hertz bis 20.000 Hertz empfindlich, wobei der Großteil über die Ohren erfolgt. Das entspricht einem Wellenlängenbereich von ca. 21m (bei 16Hz) bis 17mm (bei 20kHz). Bei der Berechnung von Akustikmaßnahmen, insbesondere bei der Größe von Reflexionsflächen, den Abständen von Absorptionsmaterialien oder bei der Berechnung von Materialstärken, spielt die Wellenlänge eine wichtige Rolle.


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